Streaming in Zeiten von Corona: Run auf Premium-Inhalte

Corona-Studien 2020

Foto: Netflix

Neben eigenen Erhebungen zu den Streaming-Vorlieben der Deutschen behalten wir bei Shelfd auch die gesamte Welt des Video-on-Demands im Blick. Besonders interessiert sind wir daran, wie sich die Nutzungsgewohnheiten mit den Jahren verändern. Hier zeigen wir dir, wie sich Streaming in Zeiten von Corona verändert hat, warum Netflix & Co. als große Gewinner aus der allgemeinen Krise hervorgehen und welche Rückschlüsse sich daraus für die Branche ziehen lassen.


Weltweit haben die Menschen noch nie so viel Zeit zuhause verbracht, wie in den Monaten von März bis Juli 2020 – durch coronabedingte Kurzarbeit, Home-Office, Schul- und Unischließungen, wie auch Quarantäne. Die Auswirkungen auf das Video-Streaming für Deutschland und die USA liefern zwei aktuelle Deloitte-Studien, die wir dir vorstellen und zusammenfassen wollen.

So streamt Deutschland durch Corona

Am 16. Juli 2020 erschien die Untersuchung „Mediennutzung in Zeiten von COVID-19“ von Deloitte (Quelle). Durch repräsentive Befragungen von je 2.000 Deutschen im Februar (vor Corona), im März (zur Hochphase) und im Juni (während der Normalisierung) konnten die Marktforscher*innen feststellen, dass über die Hälfte der Menschen während der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen mehr Medien konsumiert haben.

Dies führte über alle Alterssegmente hinweg bei 28% der Befragten zu Mehrausgaben für Medienangebote. Ebenso haben 30% der Nutzer völlig neue Dienste ausprobiert. Und die Freude dürfte bei allen Medienhäusern groß sein:

46% aller neuen Probeabonnent*innen haben ihr Abo über den Zeitraum der kostenlosen Nutzung hinaus verlängert.

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Bei einem Viertel der befragten Personen ist die Bereitschaft gestiegen für Premium-Content Geld zu bezahlen – sei es für Filme, Musik oder Journalismus. Und auch kostenlose Inhalte freuen sich verstärkter Nachfrage:

Die Mediatheken-Nutzung etwa stieg in Deutschland von Februar bis März 2020 um ganze 55%.

Im Juni ist sie wieder zurückgegangen. Dort lag sie mit +20% aber immer noch höher, als im Februar. Die Studie kommt zu dem Fazit, dass den Medienunternehmen knapp ein Drittel aller Zuwächse beim Streaming in Zeiten von Corona als langfristige Effekte erhalten bleiben werden. Insbesondere die (neue) Aufgeschlossenheit gegenüber hochwertigem Paid Content wirkt sich positiv auf die Nutzung von Streaming-Angeboten aus.

So streamt Amerika durch Corona

Noch einmal Deloitte. Im Rahmen der 14. Ausgabe des „Digital Media Trends Survey“ (Quelle) wurde die Veränderung der Mediennutzung in Amerika untersucht. In der Erhebung werden Werte aus dem Januar 2020 (2.100 Befragte) mit Werten aus dem Mai 2020 (1.100 Befragte) verglichen.

Auch in den USA ist die Zahl aktiver Streaming-Abonnent*innen gestiegen: 80% aller Amerikaner besitzt nun mindestens ein aktives Bezahl-Abo.

Jede*r Vierte (23%) nutzt coronabedingt sogar mehr Dienste. Nur 5% haben die Menge dagegen reduziert. Mit immer neuen Angeboten, kostenlosen Testzeiträumen und Rabattphasen beobachten die Marktforscher*innen aber auch neue Gewohnheiten bei den Nutzenden.

So zeigen sich bereits 40% aller Konsument*innen überwältigt von der schieren Anzahl an Abos. Dieses Phänomen wird auch als „Subscripion Fatique“ bezeichnet und konnte von uns auch schon für Deutschland festgestellt werden (hier entlang: „So streamt Deutschland“). Mehr und mehr Personen abonnieren Streamingdienste gezielt für einen kurzen Zeitraum und wechseln dann zum nächsten Angebot.

Spannend ist außerdem, dass 47% der US-Zuschauer*innen mindestens einen werbefinanzierten Dienst nutzen. Und für den kostenlosen Zugang zu Qualitätsinhalten bereit sind bis zu 12 Minuten Werbung pro Stunde zu konsumieren.

Im Kontrast dazu zeigt sich, dass es für 35% der Abonennt*innen inzwischen überhaupt nicht mehr in Frage kommt Werbeclips anzuschauen.

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Weil Kinofilme nicht mehr regulär auf der großen Leinwand anlaufen konnten und Verleihe eine Chance für das Streaming in Zeiten von Corona sagen, veröffentlichten sie einzelne Produktionen als Heimkino-Premieren (sogenanntes Transactional-Video-on-Demand). 22% der befragten Personen haben mindestens einen Film aus der Reihe an exklusiven Neustarts ausgeliehen (und 90% würden das wieder tun).

In einer weiteren Erhebung bei 1.500 Netflix-Zuschauern durch das Analysehaus Jefferies kam raus, dass der Anteil von Netflix-Nutzer*innen mit einer durchschnittlichen Streamingzeit von +10 Stunden in der Woche während Corona von 16% auf 38% angestiegen ist (Quelle).

Ein ähnlicher Wert zeigt sich in dem um 33% gestiegenen Datenverbrauch von Geräten wie Smart TV’s, Spielekonsolen und Smartspeakern. Diesen hat das Marktforschungsinstitut Comscore ermittelt, indem es die zuhause empfangen Gigabytes an Daten in den ersten zehn Tagen vom Mai 2019 mit denen aus dem Mai 2020 verglichen hat (Quelle).

Aufgrund des gesteigerten Datenbedarfs entschlossen sich alle großen Anbieter einer Forderung nachzukommen und die Auflösung ihrer Videos zu reduzieren. Diese Datendrosselung entlastete das globale Internet, wurde aber inzwischen wieder aufgehoben.

Blick auf Netflix

Die meistgeschauten Netflix Originals kamen alle während Corona

Obwohl Netflix im Allgemeinen keine Angaben zu den Zuschauerzahlen seiner Originals macht, teilen sie doch so manche Erfolgsmeldung in den vierteljährlichen Investoren-Briefen. Und so kommt es, dass wir in einer eigenen Zusammenstellung der meistgeschauten Filme und Serien im ersten Monat nach Erscheinen den besonderen Erfolg von Neustarts zu Corona-Zeiten sehen können.

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Allein unter den Filmen befinden sich in der Top-6 ganze drei Werke, die zwischen März und Juli 2020 erschienen sind. Am meistgeschauten Film Tyler Rake: Extraction (Start: 24.04.2020) waren in den ersten 30 Tagen nach Erscheinen 99 Mio. Haushalte interessiert, was einer Quote von 54% aller Netflix-Accounts weltweit entspricht.

Bei den Serien zeigt sich ein ähnliches Bild. Hier stehen mit Staffel 4 von Haus des Geldes (65 Mio. Haushalte) und der allgemein als Tiger King bekannten Doku-Reihe Großkatzen und ihre Raubtiere (64 Mio. Haushalte) ebenfalls zwei Produktionen aus dem März und April 2020 an der Spitze.

Keine Content-Probleme in 2020 für Netflix

Netflix‘ Chief Content Officer Ted Sarandos (inzwischen zum Co-Geschäftsführer neben Reed Hastings befördert) wurde im April von Journalisten zu den positiven Börsen-Ergebnissen während des ersten Quartals im Corona-Lockdowns befragt und sagte:

“[We] are in postproduction stages in locations all over the world. And we’re actually pretty deep into our 2021 slate. We don’t anticipate moving the schedule around much, and certainly not in 2020.”

Ted Sarandos, April 2020 (Quelle)

Das heißt, dass das Streaming in Zeiten von Corona dank der fleißigen Vorproduktion von Eigenproduktionen für das gesamte Jahr 2020 gesichert ist. Netflix wird der Content-Nachschub also so schnell nicht ausgehen – was sich auch sofort in der positiven Firmenbewertung an der Börse widergespiegelt hat.

Mit ihrem vollen Veröffentlichungskalender sind sie derzeit der Konkurrenz auf jeden Fall um Meilen voraus, da andere längst haushalten müssen und nicht wie gewohnt jeden Monat zig Neustarts präsentieren können.


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